Die Technisch Qualifizierten Richter beim UPC 

Die Technisch Qualifizierten Richter beim UPC 

Das Gericht (UPC) setz sich sowohl aus rechtlich als auch aus technisch qualifizierten Richtern zusammen, welche über großes Fachwissen und Erfahrung in Patentstreitigkeiten verfügen sollen (Art. 15, Abs.1 EPGÜ). Die Satzung des UPC, welche die Einzelheiten der Organisation und der Arbeitsweise des Gerichts regelt, gibt die Auswahlkriterien für die Ernennung dieser Richter detailliert vor (Art. 40 EPGÜ und Art. 2, 3 des Anhangs „Satzung des EPG“). Die darin festgelegten Anforderungen werden nachfolgend vorgestellt. 

Nach Maßgabe der Satzung wird ein Richterpool eingerichtet, in dem alle rechtlich und technisch qualifizierten Richter des Gerichts erster Instanz gehören und woraus ihre Zuweisung an die jeweils betreffende Kammer erfolgt (Art. 18 EPGÜ). Die Namen aller dem Richterpool angehörenden Richter werden vom Kanzler in eine Liste aufgenommen, welche mindestens ihre Sprachkenntnisse, ihr technisches Fachgebiet und ihre Erfahrung sowie die Rechtstreitigkeiten, mit denen sie vorher befasst waren, umfasst (Art. 20, Abs. 1 Satzung).  

Die technisch qualifizierten Richter müssen Hochschulabsolventen sein und über nachgewiesenen Sachverstand eines Gebiets der Technik sowie relevante für Patentstreitigkeiten zivilrechtliche Kenntnisse verfügen (Art. 15, Abs. 3 EPGÜ).  Für jedes Gebiet der Technik wird im Richterpool mindestens ein technisch qualifizierter Richter mit einschlägiger Qualifikation und Erfahrung beinhaltet (Art. 18, Abs. 2 EPGÜ). Auf diese Weise wird die Abdeckung aller technischen Gebiete gewährleistet (Art. 3, Abs. 6 Satzung). Die technisch qualifizierten Richter des Richterpools stehen auch dem Berufungsgericht zur Verfügung (Art. 18, Abs. 2 EPGÜ) und können als Vollzeit- oder Teilzeitrichter des Gerichts agieren (Art. 17, Abs. 2, 4 EPGÜ). 

Die Spruchkörper der Lokal- und Regionalkammer setzten sich grundsätzlich aus drei rechtlich qualifizierten Richtern zusammen (Art. 8, Abs. 1 – 4 EPGÜ). Auf Antrag jeder Partei oder auf eigene Initiative des Spruchkörpers einer Lokal- oder Regionalkammer kann zusätzlich ein technisch qualifizierter Richter hinzugezogen werden (Art. 8, Abs. 5 EPGÜ). Seine Zuweisung erfolgt aus dem Richterpool vom Präsidenten des Gerichts erster Instanz und beruht sich auf seinen technischen Sachverstand, seine Sprachkenntnisse sowie seine Erfahrung im betreffenden Gebiet der Technik (Art. 18, Abs. 3 EPGÜ). Somit wird abgesichert, dass sämtliche Spruchkörper des Gerichts erster Instanz mit derselben hohen Qualität arbeiten und über dasselbe hohe Niveau an Sachverstand verfügen (Art. 18, Abs. 3 EPGÜ). 

Die Zentralkammer besteht regelmäßig aus zwei rechtlich qualifizierten Richtern und einem technisch qualifizierten Richter (Art. 8, Abs. 6 EPGÜ). Das Berufungsgericht tagt in einer multinationalen Zusammensetzung aus drei rechtlich und zwei technisch qualifizierten Richtern (Art. 9, Abs. 1 EPGÜ). 

Der Antrag einer Partei auf Zuweisung eines technisch qualifizierten Richters gemäß Artikel 8 Absatz 5 EPGÜ ist so früh wie möglich im schriftlichen Verfahren zum Spruchkörper zu stellen und muss die Angabe des maßgeblichen technischen Gebiets enthalten (Regel 33, Abs. 1 der Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts). Dieser Antrag kann auch bereits in einer Schutzschrift gestellt werden. Sollte der Antrag nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens eingereicht werden, wird ihm nur stattgegeben, wenn dies angesichts geänderter Umstände wie beispielsweise neuen Vorbringens der Gegenpartei, gerechtfertigt ist und das Gericht den Antrag zugelassen hat (Regel 33, Abs. 2 EPGVerfO).  

Im Laufe des schriftlichen Verfahrens kann auch der Berichterstatter im Benehmen mit dem Vorsitzenden Richter und den Parteien jederzeit bei dem Präsidenten des Gerichts erster Instanz einen Antrag auf Hinzuziehung eines technisch qualifizierten Richters zum Spruchkörper stellen (Regel 34, Abs. 1 EPGVerfO). Nach der Zuweisung kann der Berichterstatter diesen Richter jederzeit konsultieren (Regel 34, Abs. 2 EPGVerfO). 

Das Ersuchen um die Benennung eines technisch qualifizierten Richters aus dem Richterpool, welches sich an den Präsidenten des Gerichts erster Instanz richtet, muss insbesondere folgende Angaben umfassen: den Gegenstand der Rechtssache, die von den Richtern des Spruchkörpers verwendete Amtssprache des Europäischen Patentamts, die Verfahrenssprache und das Gebiet der Technik, für das der Richter qualifiziert sein muss (Art. 20, Abs. 2 Satzung).  Infolgedessen weist der Präsident des Gerichts erster Instanz nach Rücksprache mit dem Berichterstatter1 dem Spruchkörper einen technisch qualifizierten Richter zu (Regel 33, Abs. 3 EPGVerfO). 

Wird während des schriftlichen Verfahrens ein technisch qualifizierter Richter dem Spruchkörper gemäß Art. 8, Abs. 5 EPGÜ und Regel 33, 34 Verfahrensordnung zugewiesen, dann darf ihm kein weiterer technisch qualifizierter Richter zugewiesen werden, wenn dieser beschließt nach Art. 33, Abs. 3 a EPGÜ vorzugehen, nämlich sowohl die Verletzungsklage als auch die Widerklage auf Nichtigerklärung zu verhandeln (Art. 8, Abs. 5 EPGÜ, Regel 37 EPGVerfO). 

Zum Schluss sollte bemerkt werden, dass für den Auswahl des technisch qualifizierten Richters aus dem Richterpool keine Vorschläge zu seiner Person seitens der Parteien erlaubt sind. Der Antrag der Parteien auf Zuweisung eines technischen Richters erstreckt sich lediglich auf die Angabe des jeweils relevanten technischen Gebiets. Daher können die Parteien den Auswahl des technischen Richters durchaus nicht beeinflussen oder ablehnen, es sei denn es liegen Gründe der Parteilichkeit vor (Art.7, Abs. 2, 4 Satzung). Die Hinzuziehung eines technisch qualifizierten Richters ist daher nicht mit der Bestellung eines gerichtlichen Sachverständigen zu vergleichen, bei welcher die Parteien Vorschläge zu seiner Person, seinem technischen oder sonstigen maßgeblichen Hintergrund und den ihm vorzulegenden Fragen machen können (Regel 37 EPGVerfO). 

 

Autorin: Dr. Olga Michala 

E-Mail: michala@paustian.de